von Sophie Flickschuh
Liebe Leser:innen, mein Name ist Sophie Flickschuh, ich studiere Kunst- und Kulturgeschichte im Master mit dem Schwerpunkt Europäische Ethnologie/ Volkskunde an der Universität Augsburg. Erst vor zwei Jahren habe ich mich das erste Mal mit Rassismus und postkolonialen Strukturen, innerhalb eines Seminars, auseinandergesetzt. Das musste ich auch vorher nicht, denn ich bin privilegiert aufgewachsen; in einem kleinen Dorf in Bayern, mit Akademiker:innen als Eltern. Erst die Recherche zu meinen Essays und die Teilnahme an verschiedenen Seminaren zu Postkolonialismus haben mir diese Privilegierung aufgezeigt. Dabei wurde mir auch klar, dass meine Privilegien als weiße heterosexuelle cis-Frau auf der Abgrenzung und Diskriminierung von POC aufgebaut wurden. Mein kleiner Beitrag soll die Diskriminierung bereits in den kleinsten, vermeintlich alltäglichen Dingen vor Augen führen, mit der Hoffnung diese Strukturen irgendwann auflösen zu können und mehr Privilegierten wie mir die Augen zu öffnen.

Triggerwarnung! In diesem Aufsatz werden rassistische Konzepte und Denkmuster thematisiert und teilweise reproduziert, die retraumatisierend und verletzend sein können.
Shakiras ,Waka Waka (This Time for Africa)‘,[1] der offizielle Song zur FIFA Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika, suggeriert, den gesamten Kontinent Afrika und dort produzierte Musik als homogene Masse repräsentieren zu können. Doch können das Lied sowie das Video wirklich die Vielfalt der Kulturräume Afrikas widerspiegeln, oder werden hier, wie der Musikwissenschaftler Johannes Ismaiel-Wendt der populären Musik generell unterstellt, eurozentrische Stereotype reproduziert, die aus der Kolonialzeit stammen?[2] Genau dieser Frage möchte ich im vorliegenden Essay nachgehen.
Zunächst soll das offensichtlichste betrachtet werden, die Protagonistin und Interpretin: Sängerin des Liedes ist Shakira, eine weltbekannte Pop-Rock-Sängerin. Laut Wikipedia-Eintrag wurde sie 1977 als einzige Tochter eines Juweliers und Schriftstellers mit libanesischen Wurzeln und einer Kolumbianerin in Barranquilla, Kolumbien geboren. Bereits in jungen Jahren wurde Shakira in ihrem Heimatland zum Star und zog mit Mitte 20 in die Vereinigten Staaten, um ihren weltweiten Erfolg auszubauen.[3] Sowohl in Kolumbien, als ehemalige Kolonie Spaniens, als auch in den USA werden kolonial-rassistische Denk- und Handlungsmuster bis heute fortgeführt.[4] Demnach ist festzuhalten, dass Shakira nie zu einer unterdrückten Gruppierung zählte, in guten finanziellen Verhältnissen aufwuchs und zu einer privilegierten weißen Oberschicht gehörte und gehört. Gleichzeitig ist ihre Nationalität auch nicht die eines afrikanischen Landes wie Südafrika.
Nun soll der Anlass des Liedes näher betrachtet werden. Es entstand, wie bereits erwähnt, anlässlich der Weltmeisterschaft in Südafrika 2010. Initiator des Fußballgroßereignisses war die FIFA – Fédération Internationale de Football Association, welche 1904 in Paris gegründet wurde. Die FIFA umfasste in ihrer Anfangsphase nur europäische Länder, konnte jedoch mit gestiegenem Einfluss ihre Mitgliedsstaaten erweitern.[5] Auch wenn die FIFA sich heute als internationale Vereinigung sieht, welche keine Unterschiede aufgrund von race oder Herkunft mehr macht, werden eurozentrische Mächteverhältnisse durch den Aufbau der Organisation deutlich: Der Präsident, war von 1904 bis heute, bis auf eine Ausnahme, immer ein weißer Europäer*.[6] Des Weiteren hat die FIFA ihren Sitz in der Schweiz, in Zürich.[7] Hinzu kommt die allgemeine Feststellung, dass der Fußball nicht in allen Ländern unter den gleichen Bedingungen erlernt und professionalisiert werden kann und damit ein unlauterer Wettbewerb entsteht, den die FIFA zwar anerkennt, jedoch nicht unterbindet. So können viele afrikanische Länder, vor allem aufgrund fehlender finanzieller Mittel, eine bestmögliche Ausbildung ihrer Spieler:innen nicht immer gewährleisten und damit nicht mit der europäischen Konkurrenz mithalten.[8] Zwar gilt Fußball in vielen Ländern Afrikas als Nationalsportart,[9] doch können sich wegen der genannten Differenz zum Sportimperialismus des Globalen Nordens nur sehr wenige Länder für die WM qualifizieren.[10] Bis heute konnte kein afrikanisches Land je die FIFA-WM gewinnen. Lediglich Brasilien, Argentinien und Uruguay konnten bereits als Länder des Globalen Südens insgesamt neunmal in der WM siegen.[11] Diese sind zudem stark eurozentrisch geprägt. Zusammenfassend kann der internationale Fußball unter der Aufsicht der FIFA damit immer noch als eurozentrisch bezeichnet werden. Auch die offizielle Hymne der jeweiligen Weltmeisterschaften wird von der FIFA seit 1966 ausgewählt und gemeinsam mit Sony Music, einem US-amerikanischen Musikunternehmen, seit 1994 produziert. Hierdurch wird die lokale Musikbranche im jeweiligen die Meisterschaft austragenden Land kaum unterstützt und die Auswahl der Lieder wird von eurozentrisch-westlichen Unternehmen geleitet, die dort eine Monopolstellung einnehmen. Gleichzeitig unterstreicht die FIFA, dass die Erlöse aus dem Verkauf des WM-Songs ,Waka Waka‘ in die Entwicklung des Kontinents gehen sollen. Die Einnahmen werden in 20 Football-for-Hope Zentren in Afrika investiert, welche die Gesundheit, die Ausbildung und den Fußball im Land fördern sollen.[12] Zahlreiche Artikel hierzu, die sie selbst auf ihrer Webseite veröffentlichte, zeigen, dass sie sich damit profiliert.[13] Die Investition des Geldes wird nicht in die Hände der afrikanischen Länder übergeben, sondern die FIFA entscheidet, was der Kontinent an vermeintlicher Hilfe benötigt. Außerdem wird den dort lebenden Menschen so die Kompetenz der eigenmächtigen wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit abgesprochen. Daran erkenntlich wird folglich der sogenannte White-Savior-Komplex. Dabei handelt es sich um weiße privilegierte Personen, die sich an Orte der vermeintlichen Unterentwicklung begeben, um die dortige Bevölkerung zu ,retten‘. Das Problem daran ist Normen der Bevölkerung dabei kaum beachtet werden und meist POC instrumentalisiert werden, um diese weißen Personen als Gutmenschen darzustellen. So wird der Eindruck erweckt, dass eine einzige Person oder Organisation das vermeintliche Problem eines ganzen Landes beenden könnten.[14] Der White-Savior Mechanismus dient nicht nur der Darstellung der Tugendhaftigkeit des eigenen Konzerns, sondern soll, wie die Amerikanistin Lima Sayed herausstellt, im Grunde die kolonialen Verbrechen und deren Folgen bagatellisieren und unterstützt so die Erhaltung der White Supremacy.[15]
Nun zurück zu ,Waka Waka (It’s time for Africa)‘. Den Refrain bilden Zeilen in der Bantusprache Fang, die einem beliebten südafrikanischen Militärsong von 1986[16] der kamerunischen Band Golden Sounds entstammen. Die restlichen Zeilen des WM-Liedes wurden von Shakira und der südafrikanischen Gruppe Freshlyground hinzukomponiert, behalten jedoch den kriegerischen Unterton mit Verbindung zum Fußball weiter bei.[17] Beginnen soll die Analyse des Liedtextes zunächst mit dem Refrain, der, wie bereits genannt, aus dem Song ,Zangaléwa‘ der Gruppe Golden Sounds stammt. Folgende Zeilen wurden eins zu eins aus dem Marschlied übernommen:[18]
Tsamina mina, anawa ah ah
Tsamina mina, eh eh
Waka waka, eh eh
Tsamina mina zangalewa
Anawa, ah ah
Tsamina mina, eh eh
Waka waka, eh eh
Tsamina mina zangalewa
Django, eh eh
Django, eh eh
Tsamina mina zangalewa
Anawa ah ah
Django, eh eh
Django, eh eh
Tsamina mina zangalewa
Anawa ah ah[19]
Sie sind in der Bantusprache Fang verfasst, welche besonders in Zentralafrika gesprochen wird, darunter in Äquatorial-Guinea, Gabun und Kamerun. Damit findet hier eine afrikanische Sprache Verwendung, die kaum einen Bezug zu Südafrika, dem Austragungsort hat.[20]
Angesichts der großen Übereinstimmung der Zeilen wie auch der Melodie ist unverkennbar, dass das Marschlied der Band Golden Sounds im Song von Shakira Verwendung fand. Die Textzeilen wie auch die Melodie des Refrains wurden jedoch von Sony, Shakira und der Organisation FIFA zu Beginn ohne das Einverständnis der kamerunischen Band verwendet. Erst als die Anwält:innen der Urheber:innen eingeschaltet und der öffentliche Druck zu groß wurde, ruderten die Produzent:innen zurück und erklärten ,Waka Waka‘ zu einem Remix des Originals ,Zangaléwa‘ von 1986.[21] Dieses offensichtliche Plagiat wurde anschließend in den offiziellen Pressemitteilung heruntergespielt: „The chorus borrows from a favorite Cameroonian marching chant made popular by the group Golden Voices.“[22] Mit der Formulierung, die Produzent:innen hätten sich das Lied nur geborgt, wird die Straftat heruntergespielt und eine vermeintliche einvernehmliche Zusammenarbeit suggeriert. Gleichzeitig wird der Name der Band falsch rezipiert, wodurch die Geringschätzung weiter zum Ausdruck kommt. Eine Zusammenarbeit oder anderweitige Würdigung der Urheber:innen fand und findet jedoch nicht statt. So wurden und werden Golden Sounds bei der Titelnennung nie genannt.[23] Außerdem wurden die Zeilen einfach in das neue Fußballlied integriert, ohne die historische und kulturelle Bedeutung der Melodie sowie des Textes für die Bevölkerung zu berücksichtigen. Der Aktivist Dibussi Tande weist beispielsweise darauf hin, dass die Ursprünge des Marschliedes bereits während des Zweiten Weltkriegs unter den kamerunischen Schützen zu finden gewesen seien.[24] Damit hat das Lied an sich einen kolonialen Zusammenhang. Denn die Kolonialmächte nutzten sowohl die Streit- als auch die Arbeitskraft ihrer Kolonien. Aus Kamerun wurden beinahe alle jungen Männer* zwangsrekrutiert, um an der Front für Frankreich zu kämpfen.[25] Entlohnung, Wiedergutmachung oder auch nur die Erinnerung an die gefallenen und ausgebeuteten Opfer des Zweiten Weltkriegs auf Seiten der ehemals kolonialisierten, afrikanischen Länder fehlen bis heute.[26] Demnach ist die Verwendung in zweierlei Hinsicht eine Weiterführung kolonialer Strukturen. Einerseits verschweigt es die kolonialen Bezüge und ignoriert die ehemalige Verwendung. Andererseits reiht sich das Lied in die neokoloniale Tradition ein, ohne Rücksichtnahme das geistige und künstlerische Eigentum afrikanischer Künstler:innen in Musikstücken des Globalen Nordens zu nutzen.[27]
Bei der weiteren Betrachtung des Liedtextes fällt nicht nur der auf Fang gesungene Teil ins Auge, sondern auch eine Liedzeile auf Spanisch: Y vamos por todo.[28] Die Integration dieses einen Satzes in Spanisch wirkt hier, wie Christopher Quadt ebenso beschreibt, willkürlich und soll eine kulturelle Hybridität erschaffen. Hierzu dienen auch die einzigen Strophen in der Sprache Xhosa, welche von der Gruppe Freshlyground gesungen werden:[29]
Abuya lamajoni piki piki mama, one a to z !
Athi susa lamajoni piki piki mama from east to west.
Sathi waka waka ma EH EH !
Waka waka ma EH EH !
Zonk‘ izizwe mazibuye…
`Cause this is Africa[30]
Dies sind auch die einzigen sprachlichen Bezüge zu Südafrika.[31] Der Sprachanteil ist jedoch im Vergleich zu Shakiras Gesang sehr gering, weshalb nur von einer scheinbaren und inszenierten Hybridität gesprochen werden kann. In der Realität sind die Gesangspartner:innen in ,Waka Waka‘ keinesfalls gleichwertig. Das, was hier jedoch augenscheinlich wird, ist, dass mit dem Lied versucht wurde, eine kulturelle Identität Afrikas als eine große, homogene Masse zu erschaffen, was mit der jeweiligen Schlusszeile Cause this is Africa[32] oder We are all Africa[33] noch einmal verdeutlicht werden soll. Abgesehen davon, dass hier die unterschiedlichen Länder und Republiken Afrikas, besonders die des Austragungsortes Südafrika einfach unterschlagen werden, wird so suggeriert, es gäbe eine einzige afrikanische Kultur, welche durch dieses Lied widergespiegelt wird.
Dies unterstützt ebenso die Melodie ,Waka Waka’s, die sich insgesamt an das Original ,Zangaléwa‘ hält, jedoch noch durch Trommeln und tiefe männliche* Rufe ergänzt wurde. Damit bezieht sich die Melodie auf Klischees, die es nicht gibt. So wird versucht, das Lied aus eurozentrischer Perspektive im konstruierten Bild von Afrika zu verorten.[34] Damit kann die These Ismaiel-Wendts des Postkolonialismus von populärer Musik bestätigt werden. Werden hier doch Rhythmus und Text verwendet, um eine vornehmliche kulturelle Identität, nämlich die einer angeblichen homogenen Gruppe an Afrikaner:innen zu repräsentieren. Sie wird jedoch nach eurozentrischem Wissen beziehungsweise Vorurteilen konstruiert, ohne Berücksichtigung der jeweiligen regionalen Werte, Normen oder gar der Realität.[35]
Unterstützt wird dies noch durch das zugehörige Musikvideo, in dem besonders viele stereotype Darstellungen und Verallgemeinerungen Verwendung fanden. Neben Einspielern aus vergangenen Fußballspielen wird die Liedsängerin tanzend entweder mit Frauen oder Kindern, die allesamt barfuß sind und bunte Kleidung tragen, gezeigt. Im Hintergrund sind verschiedene Personen aufgeführt, die durch ihre Kleidung verschiedene eurozentrische Vorstellungen von Nationalitäten darstellen sollen. Hier wird abermals eine Hybridität und vermeintliche Diversität durch stereotype Kleidung konstruiert.

Shakira selbst trägt im Video ein rotes Oberteil mit Ethnomustern und grüngelben Fransen sowie einen schwarzen Fransenrock ebenfalls mit Ethnomustern.[37] Die Farbwahl erinnert an die panafrikanischen Farben gelb, grün, rot und schwarz.[38] Sie werden von vielen afrikanischen Ländern in ihren Flaggen verwendet, um den Nationalgedanken zu zeigen und den Unabhängigkeitskampf aller zum Ausdruck zu bringen. Sie verweisen damit auf die Schwierigkeiten und Opfer, welche die Länder erbringen mussten, um sich von ihren Kolonialmächten zu lösen und die Unabhängigkeit zu erlangen.[39] Abermals wird die koloniale Vergangenheit hier eher genutzt als hinterfragt. Damit reiht sich die Verwendung beinahe schon in neokoloniale Handlungsmuster ein, kulturelle Artefakte ohne Berücksichtigung der Historie und Bedeutung für die Inszenierung eurozentrischer Vorstellungen zu verwenden. In diesem Fall dienen die Farben dazu, etwas vom globalen Norden als ,afrikanisch gelesenes‘ einzubringen. Gleichzeitig spricht beispielsweise die ze.tt in diesem Zusammenhang von ,Kultureller Aneignung‘. Werden hier doch Symbole und Kunsterzeugnisse marginalisierter Menschen genutzt, um kommerzielle Unterhaltungs- und Wirtschaftsmotive durchzusetzen.[40] Hierzu zählen auch die diversen bunten runden Armbänder und die Bänder in den Haaren, welche mit bunten Puscheln und Muscheln verziert sind, die Shakira trägt. Dabei verweisen diese Accessoires wiederum auf Stereotype, welche für die westlichen Betrachter:innen eine bestimmte, rassistische Vorstellung von Afrika als Ganzes repräsentieren sollen. Im Sinne der Soziologin Kessete Awet wird unter Stereotyp „[…] verstanden, dass Gruppen von Menschen positive oder negative Eigenschaften, Merkmale oder Verhaltensweisen zugeordnet werden, die vermeintlich typisch für sie sind. Diese in der Gruppe entwickelten Einstellungen dienen der Vereinfachung und Abgrenzung.“[41] Dieser Abgrenzung dient auch die gesamte stereotype Darstellung im Video, die Afrikaner:innen als immer fröhliche und tanzende Menschen darstellt, die dadurch exotisiert werden. Damit wird diesen Personen Individualität abgesprochen.[42] Dass die FIFA diese stereotype Darstellung mit Absicht vollzogen hat, zeigt auch deren Aussage zum Lied ,Waka Waka‘: „“Waka Waka (This Time for Africa)“ heißt die neue Fussballhymne und repräsentiert mit ihren rhythmischen afrikanischen Klängen die Lebensfreude und Energie des Gastgeberkontinents.“[43]
Neben der Kleidung fallen weitere Stereotype ins Auge. So finden sich im Video Szenen mit fußballspielenden Kindern in einer Waldkulisse mit Palmen, die aus eurozentrischer Perspektive als ,Dschungel‘ rezipiert wird.[44]

Die Kinder spielen barfuß und einfach gekleidet auf provisorischen Fußballplätzen.[46] Hierbei wird dem Stereotyp der ,Primitivität‘ und ,Unterentwicklung‘ Rechnung getragen. Afrika und dessen Bevölkerung wird damit im Gesamten Armut und Unterentwicklung als Attribut hinzugefügt. Dies sind Eigenschaften, welche aus der Kolonialzeit stammen und stets die Argumentation der Kolonisator:innen unterstützen sollten. Gleichzeitig wurde so stets im Kontrast dazu Europa als hochentwickelt und zivilisiert dargestellt.[47]
Daneben tritt noch eine weitere Szene in den Vordergrund, die immer wieder eingespielt wird. Sie zeigt Shakira tanzend mit vier Schwarzen[48] Frauen.

Der Tanz besteht aus einer Mischung aus ausladenden Hüftbewegungen, Sprüngen und Stampfen.[50] Abermals werden die Gezeigten durch den Tanz exotisiert und als vermeintlich andersartig im Gegensatz zur angeblichen eurozentrischen Kultur dargestellt. Gleichzeitig werden sie durch die Darstellungsweise sexualisiert, was den rassistischen Blick unterstützt.[51] Dies ist im Kontext von Völkerschauen und verschleppten Sklav:innen an europäische Adelshöfe, die der Unterhaltung dienten und ihre angebliche ,Primitivität‘ durch bestimmte Handlungsmuster zeigen sollten, zu sehen. Im Gegensatz dazu konstruierten die weißen Europäer:innen ihr Selbstbild als fortschrittlich.[52]
Diese Exotisierung und stereotype Darstellung lassen sich im Gesamten für das Video feststellen.[53] Sie zeigen das koloniale Konzept, das Afrika als ,Natur‘ und ,Emotion‘ im Gegensatz zu Europa als ,Vernunft‘ und ,Kultur‘ konstruiert. Dies bedeutet eine Weiterführung kolonialer Handlungen und eine Markierung der Bevölkerung des Kontinents als vermeintlich ,unterentwickelt‘ und damit ,minderwertig‘ gegenüber den weißen angeblich kulturell höher entwickelten, ehemaligen Kolonisator:innen.[54]
Insgesamt kann also festgehalten werden, dass ,Waka Waka (This Time for Africa)‘ sowohl durch die Produktionsweise als auch durch das Musikvideo, den Text und die Melodie koloniale Strukturen weiterführt. Damit werden rassistische Denk- und Handlungsmuster unterstützt, sowie Stereotype und Diskriminierungen reproduziert, die damit Rassismus weiterhin zum Alltag machen.
[1] User ,Shakira‘: Shakira – Waka Waka (This Time for Africa) (The Official 2010 FIFA World Cup™ Song) (04.06.2010), <https://www.youtube.com/watch?v=pRpeEdMmmQ0> (29.06.2020).
[2] Interview mit Johannes Ismaiel-Wendt: Populäre Musik ist postkolonial (07.11.2013), https://jungle.world/artikel/2013/45/populaere-musik-ist-postkolonial (29.06.2020).
[3] Wikimedia Foundation Inc.: Shakira (27.06.2020), <https://de.wikipedia.org/wiki/Shakira> (30.06.2020).
[4] In Kolumbien werden beispielsweise immer noch Wörter wie ,indio‘ oder ,negro‘ als alltagsgebräuchliche Schimpfwörter verwendet. Siehe hierzu: Cárdenas Alfonso, Maria: „Kultur der Gewalt“ in Kolumbien? Zum Mehrwert der Integration von post-/dekolonialen Perspektiven in sozialpsychologisches Arbeiten bei der Analyse von Konflikt und Gewalt am Beispiel einer Online-Studie mit jungen Erwachsenen in Bogotá. In: Dittmer, Cordula (Hg.): Dekoloniale und Postkoloniale Perspektiven in der Friedens- und Konfliktforschung (=Zeitschrift für Friedens- und Konfliktforschung, Sonderbd. 2). Baden-Baden 2018, S. 230-236.
[5] Tippenhauer, Hans-Dieter: Der Einfluss von Führungsspielern in der Fußball-Bundesliga. Eine Betrachtung aus der Sicht von Spielern, Trainern, Experten und Medienvertretern. Berlin 2012, S. 17-18.
[6] FIFA.com: Der Präsident, <https://de.fifa.com/who-we-are/the-president/> (01.07.2020).
[7] Tippenhauer, 2012, S. 17.
[8] Dieser Umstand ist der FIFA bekannt, weshalb sie Förderprogramme anbietet: FIFA.com: FIFA-Forward-Programm zur Fußballförderung, <https://de.fifa.com/what-we-do/fifa-forward-programme/> (01.07.2020).
[9] Fußball wurde von den Kolonialmächten eingesetzt, um die Bevölkerung zu disziplinieren. Siehe hierzu: Baller, Susann: Editorial: The other game: the politics of football in Africa. In: Afrika Spektrum, 41 (2006), S. 325-326.
[10] Beez, Jigal: Wenn der Präsident zum Kicken bittet: Fußballcartoons aus Ostafrika. (Football Cartoons from East Africa). In: Afrika Spektrum, 41 (2006), S. 427-432. Siehe auch: Baller, 2006, S. 325-329.
[11] Weltfussball.de, <https://www.weltfussball.de/sieger/wm/> (01.07.2020).
[12] FIFA.com: Der offizielle FIFA-WM-Song: Shakira und Freshlyground singen Waka Waka (This time for Africa) (05.05.2010), <https://de.fifa.com/worldcup/news/der-offizielle-fifa-song-shakira-und-freshlyground-singen-waka-waka-th-1205348> (17.08.2020).
[13] Siehe hierzu zum Beispiel: FIFA.com: Erste „Football for Hope“-Zentren in Afrika angekündigt (21.12.2007), <https://de.fifa.com/news/erste-football-for-hope-zentren-afrika-angekundigt-664949> (19.08.2020). Oder: FIFA.com: Erste Grundsteinlegung für erstes Football-for-Hope-Zentrum (25.05.2009), <https://de.fifa.com/who-we-are/news/grundsteinlegung-fur-erstes-football-for-hope-zentrum-1062060> (19.08.2020).
[14] Bruckert, Annemarie: White Saviorism: Wenn Hilfe nicht hilfreich ist (25.07.2019), <https://www.arte.tv/de/articles/white-saviorism-wenn-hilfe-nicht-hilfreich-ist> (19.08.2020).
[15] Sayed, Lima: Weiße Helden im Film. Der „White Savior Complex“ – Rassismus und Weißsein im US-Kino der 2000er Jahre. Bielefeld 2019, S. 289-290.
[16] Zu finden ist der Originaltitel auf der Plattform YouTube: User ,Larry Ncheh‘: Zamina (Waka Waka, time for Africa) Original Version HD (12.12.2011), <https://www.youtube.com/watch?v=expCgeQXqzA> (25.08.2020).
[17] Quadt, Christopher: Waka Waka (This Time for Africa): Kritische Perspektiven auf eine popkulturelle Inszenierung von Hybridität. In: Beck, Laura/ Osthues, Julian (Hg.): Postkolonialismus und (Inter-)Medialität. Perspektiven der Grenzüberschreitung im Spannungsfeld von Literatur, Musik, Fotografie, Theater und Film. Bielefeld 2016, S. 334-335.
[18] User ,Larry Ncheh‘: Zamina (Waka Waka, time for Africa) Original Version HD (12.12.2011), <https://www.youtube.com/watch?v=expCgeQXqzA> (25.08.2020). Und: User ,Shakira‘: Shakira – Waka Waka (This Time for Africa) (The Official 2010 FIFA World Cup™ Song) (04.06.2010), <https://www.youtube.com/watch?v=pRpeEdMmmQ0> (29.06.2020).
[19] Diese Zeilen wurden eigenhändig aus dem Lied transkribiert. Vgl.: User ,Larry Ncheh‘: Zamina (Waka Waka, time for Africa) Original Version HD (12.12.2011), <https://www.youtube.com/watch?v=expCgeQXqzA> (25.08.2020).
[20] Haarmann, Harald: Sprachen-Almanach. Zahlen und Fakten zu allen Sprachen der Welt. Frankfurt am Main 2002, S. 144-145; S. 136; S. 149-150.
[21] Doyle, Jennifer: World Cup Musik and Football Noise. The Lion King, Waka Waka, and the Vuvuzela. In: Alegi, Peter/Bolsmann, Chris (Hg.): Afrika’s World Cup. Critical Reflections on Play, Patriotism, Spectatorship, and Space. Michigan 2013, S. 62-63.
[22] Sony Music Entertainment: FIFA and Sony Music Entertainment Select ‚Waka Waka (This Time for Africa)‘ by Shakira Featuring Freshlyground as FIFA World Cup 2010™ Official Song (27.04.2010), <https://www.sony.com/en_us/SCA/company-news/press-releases/sony-music-entertainment/2010/fifa-and-sony-music-entertainment-select-waka-waka-this-time-for-africa-by-shakira-featuring-freshlyground-as-fifa-world-cup-2010-official-song.html> (25.08.2020).
[23] Tande, Dibussi: Undermining African Intellectual and Artistic Rights: Shakira, Zangalewa & the World Cup Anthem, <https://www.dibussi.com/2010/05/undermining-african-intellectual-and-artistic-rights-.html> (25.08.2020).
[24] Tande, Dibussi: Undermining African Intellectual and Artistic Rights: Shakira, Zangalewa & the World Cup Anthem, <https://www.dibussi.com/2010/05/undermining-african-intellectual-and-artistic-rights-.html> (25.08.2020).
[25] Rheinisches JournalistInnenbüro/Recherche International e.V. (Hg.): „Unsere Opfer zählen nicht“. Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg. Berlin/Hamburg 2005, S. 90-92.
[26] Ebd., S. 13-14.
[27] Unter Anderem übernahm Michael Jackson im Song „Wanna be Startin ,Somethin´“ die Melodie und den Text eines kamerunischen Liedes. Siehe hierzu: Doyle, 2013, S. 62-63.
[28] User ,Shakira‘: Shakira – Waka Waka (This Time for Africa) (The Official 2010 FIFA World Cup™ Song) (04.06.2010), <https://www.youtube.com/watch?v=pRpeEdMmmQ0> (29.06.2020).
[29] Quadt, 2016, S. 337.
[30] Ebd., S. 338.
[31] Xhosa ist eine der verbreitetsten Sprachen in Südafrika. Siehe: Haarmann, 2002, S. 177-178.
[32] User ,Shakira‘: Shakira – Waka Waka (This Time for Africa) (The Official 2010 FIFA World Cup™ Song) (04.06.2010), <https://www.youtube.com/watch?v=pRpeEdMmmQ0> (29.06.2020).
[33] Ebd.
[34] Quadt, 2016, S. 334-337.
[35] Interview mit Johannes Ismaiel-Wendt: Populäre Musik ist postkolonial (07.11.2013), https://jungle.world/artikel/2013/45/populaere-musik-ist-postkolonial (29.06.2020).
[36] Screenshot von User ,Shakira‘: Shakira – Waka Waka (This Time for Africa) (The Official 2010 FIFA World Cup™ Song) (04.06.2010), <https://www.youtube.com/watch?v=pRpeEdMmmQ0> (29.06.2020), 0:25.
[37] User ,Shakira‘: Shakira – Waka Waka (This Time for Africa) (The Official 2010 FIFA World Cup™ Song) (04.06.2010), <https://www.youtube.com/watch?v=pRpeEdMmmQ0> (29.06.2020).
[38] Hebauer, Lioba u.a.: Fahnen und Flaggen (= Tessloff Wissen, Bd. 75). Nürnberg 2012, S. 32-33.
[39] Illy, Hans F.: Nation und Nationalismus in Afrika. Die Verlockungen eines Vorbildes und die Folgen seiner eindimensionalen Imitation. In: Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 8 (1982), S. 177-180.
[40] Ze.tt GmbH: Cultural Appropriation (Kulturelle Aneignung), <https://ze.tt/cultural-appropriation-kulturelle-aneignung/> (01.07.2020).
[41] Awet, Kessete: Die Darstellung Subsahara-Afrikas im deutschen Schulbuch. Gesellschaftslehre, Erdkunde, Geschichte und Politik der Sekundarstufe I (Gesamtschule) Nordrhein-Westfalen. Opladen/Berlin/Toronto 2018, S. 105.
[42] Ebd., S. 106.
[43] FIFA.com: Der offizielle FIFA-WM-Song: Shakira und Freshlyground singen Waka Waka (This time for Africa) (05.05.2010), <https://de.fifa.com/worldcup/news/der-offizielle-fifa-song-shakira-und-freshlyground-singen-waka-waka-th-1205348> (17.08.2020).
[44] Der Begriff Dschungel wurde eigens in der Kolonialzeit geschaffen, um die Wälder in den Kolonien sprachlich vom Wald innerhalb Europas abzugrenzen. Dabei wurden die Wälder in den verschiedenen Kolonien mit diesem Begriff homogenisiert und vereinfacht dargestellt. Siehe hierzu: Göttel, Stefan: Eintrag „Dschungel“. In: Afrika und die deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. Münster 2004, S. 112-113.
[45] Screenshot User ,Shakira‘: Shakira – Waka Waka (This Time for Africa) (The Official 2010 FIFA World Cup™ Song) (04.06.2010), <https://www.youtube.com/watch?v=pRpeEdMmmQ0> (29.06.2020), 1:12.
[46] User ,Shakira‘: Shakira – Waka Waka (This Time for Africa) (The Official 2010 FIFA World Cup™ Song) (04.06.2010), <https://www.youtube.com/watch?v=pRpeEdMmmQ0> (29.06.2020).
[47] Arndt, Susan/Hornscheid, Antje (Hg.): Afrika und die deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. Münster 2004, S. 47-49.
[48] Die Bezeichnung ,Schwarz‘ wird hier im Sinne der Eigenbenennung verwendet und deshalb groß geschrieben. Sie bezieht sich nicht auf die Hautfarbe, sondern darauf, dass diese Menschen durch Rassismus und die Sozialisation zu Schwarzen gemacht wurden und werden. Siehe hierzu: Nduka-Agwu, Adibeli/Sutherland, Wendy: Schwarze, Schwarze Deutsche. In: Lann Hornscheidt, Antje/Nduka-Agwu, Adibeli (Hg.): Rassismus auf gut Deutsch. Ein kritisches Nachschlagewerk zu rassistischen Sprachhandlungen. Frankfurt am Main 2010, S. 88-89.
[49] Screenshot User ,Shakira‘: Shakira – Waka Waka (This Time for Africa) (The Official 2010 FIFA World Cup™ Song) (04.06.2010), <https://www.youtube.com/watch?v=pRpeEdMmmQ0> (29.06.2020), 1:49.
[50] User ,Shakira‘: Shakira – Waka Waka (This Time for Africa) (The Official 2010 FIFA World Cup™ Song) (04.06.2010), <https://www.youtube.com/watch?v=pRpeEdMmmQ0> (29.06.2020).
[51] Mrozek, Bodo: Jugend. Pop. Kultur. Eine tansnationale Geschichte. Berlin 2019, S. 188-192.
[52] Awet, 2018, S. 106-107.
[53] User ,Shakira‘: Shakira – Waka Waka (This Time for Africa) (The Official 2010 FIFA World Cup™ Song) (04.06.2010), <https://www.youtube.com/watch?v=pRpeEdMmmQ0> (29.06.2020).
[54] Arndt/Hornscheid, 2004, S. 48.